Haus Hoinka

Das Musterhaus

Mitten im Dorfkern realisierten die Architekten ein Strohballenhaus. Gestalterisch passt es sich ein. Ökologisch weist es den Weg in die Zukunft. Für die Familie lässt es flexible Nutzungen zu. Und schön ist es auch.

Pfaffenhofen ist eine kleine Gemeinde in der Nähe von Heilbronn. Kirche und Fachwerkhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert prägen die Stadtmitte, um den Ort erheben sich malerische Weinberge. Der Bauherr kam mit präzisen Vorstellungen auf Florian Kaiser und Guobin Shen zu, die 2017 in Stuttgart ihr Büro gründeten: Als Energieberater wollte er ein Haus aus nachwachsenden Rohstoffen, die in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden können. Seit Ende des 19. Jahrhunderts haben sich Strohballen, kombiniert mit Lehmputz, als thermische Hülle für Boden, Decke, Dach und Wand bewährt, wenn auch nicht durchgesetzt. Höchste Zeit also, die historische Bauweise in die Zukunft zu führen. Schließlich ist Stroh nachwachsend, kreislauffähig und damit klimawie auch ressourcenschonender als herkömmliche Dämmstoffe. Es ist üppig vorhanden und kann regional geerntet werden. Sein Dämmwert ist annähernd so gut wie der industrieller Produkte. Und es muss nicht auf Kosten von Flächen für die Lebensmittelproduktion angebaut werden. Dem Lowtech-Material entspricht die unkomplizierte Handhabung: Die Strohballen werden auf einer Dicke von 36,5 Zentimetern in eine Holzunterkonstruktion hineingepresst. Überstände werden einfach mit einer Heckenschere abgefräst. Heute sind alle sechs Fassaden von Haus Hoinka, also auch das

Anzahl der Bewohner9 bis 12
Wohnfläche (m2)360
StandortHeilbronn
Fertigstellung2023
PlanungsbüroAtelier Kaiser Shen
Zum Profil
FotografieBrigida González
Die Raumidee des Hauses basiert auf einer klaren Tragstruktur, mit Räumen ohne Eigenschaften, deren Nutzung sich auch ohne nennenswerte bauliche Eingriffe verändern lässt.

Atelier Kaiser Shen

Heute sind alle sechs Fassaden von Haus Hoinka, also auch das Dach und die Bodenplatte, in Strohballenbauweise errichtet. Um auf aufwendige Abdichtungen zu verzichten und dennoch die Strohballen in der Bodenplatte dauerhaft vor Wasser zu schützen, wurde das Gebäude um ein Geschoss aufgeständert: Das kompakte Haus ruht auf einem Betonkreuz und vier Stützen. Flexibilität war eine weitere Maßgabe der Bauherrschaft. Konzipiert als Doppelhaus sind beide Wohneinheiten jeweils durch eine einläufige Treppe mit dem Gartengeschoss verbunden. Im ersten Geschoss ist das Haus in Längs-, im zweiten in Querrichtung geteilt. Die Teilung ist ablesbar: Die Fichtenholzkonstruktion und der Lehmputz in der zur Dorfmitte gerichteten Wohnung sind weiß pigmentiert, in der zur Gartenseite hingegen naturbelassen. In der Weißtannenfassade variieren die Brettbreiten in der Boden-Deckelschalung zwischen den beiden Doppelhaushälften. Auch das Erdgeschoss lässt sich flexibel je nach Bedarf als E-Ladestation, Werkstatt oder Sommerküche nutzen. Die Wohngeschosse gliedern sich in jeweils acht nahezu quadratische Räume, etwa 4 x 4 Meter groß. Somit können sie wechselweise als Schlafzimmer, Wohnzimmer, Esszimmer oder Küche genutzt werden. Nur die sogenannten dienenden Räume, wie etwa die Bäder, sind aufgrund der Installationen nicht variabel. Die Gleichwertigkeit der Räume spiegelt sich auch in der Fassade: Die Fensterformate im Obergeschoss sind bis auf die Balkontüren identisch. Im Dachgeschoss wurden unter der Dachschräge breite Bandfenster eingesetzt.

Impressionen