„Where the Wild Morels Grow…”

Readymade in Brandenburg

Hallenausbau nach Bedarf und Budget

„c/o now ist eine 2017 in Berlin gegründete, an kollektiven Praxen der Selbstorganisation orientierte GmbH, die Architekturen und Stadt plant und baut und sich in verschiedenen Formaten und Medien theoretisch mit diesen und angrenzenden Feldern auseinandersetzt.“ So beschreiben sich Tobias Hönig, Andrijana Ivanda, Markus Rampl, Paul Reinhardt, Duy An Tran und Ksenija Zdešar. Mit ihrem Projekt „Where the Wild Morels Grow …“ setzten sie sich nun überaus konkret mit einem Problem auseinander, das viele Berlinerinnen und Berliner kennen: Eine annähernd leistbare Wohnung mit einem zusätzlichen Zimmer, in dem künftig die Kinder oder der zu pflegende Elternteil leben könnte, ist auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht mehr zu finden. Das bedeutet, so c/o now, dass „nun nicht nur mehr Kulturschaffende an freien Tagen Berlin in Richtung der neuen Künstler*innen-Kolonien in der Uckermark verlassen. Immer mehr Berliner*innen entscheiden sich dazu, zwar ihre Jobs in der Stadt zu behalten, ihr aber zum Wohnen dauerhaft den Rücken zuzukehren. Zugunsten eines Lebens in Brandenburg. Dort lockt das Versprechen pittoresker Häuschen, die mit einigen wenigen Eigenleistungen wieder in Schuss zu bringen sind. Und dank der im Vergleich zu Berlin niedrigen Grundstückspreise lässt sich Neubau auch ohne die ewige Bindung an eine Baugruppe realisieren. Oder vielleicht ein kostengünstiges, roughes Haus aus Ortbeton, das aber dennoch die hohen ästhetischen Standards erfüllt, welche man aus Magazinen oder von Online-Plattformen kennt?“

Anzahl der Bewohner4
Wohnfläche (m2)165
StandortGroß Kreutz (Havel)
Fertigstellung2022
PlanungsbüroStudio CO NOW GmbH
Zum Profil
FotografieZara Pfeifer
Die Welt steckt nicht nur in Krisen, sie verändert sich fortlaufend und dauerhaft. Wir dürfen deshalb auch nicht damit aufhören, unsere Gebäudetypen und Lebensräume neu zu denken.

Duy An Tran, Tobias Hönig, Ksenija Zdešar, Paul Reinhardt, Markus Rampl, Andrijana Ivanda

Eine erste Überschlagsrechnung mit den Kennwerten des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern (BKI) übersetzte das ursprüngliche Budget der Bauherrschaft allerdings nur in etwa 70 Quadratmeter aus Beton gegossenen Wohnraum. Das wäre keine Verbesserung gegenüber ihrer im Süden Charlottenburgs am Stuttgarter Platz gelegenen Wohnung: Auf dem 100 ÖPNV-Minuten entfernten und bereits gekauften Grundstück zwischen Potsdam und Brandenburg an der Havel würde auf diese Weise kein zusätzliches Zimmer gewonnen, sondern Wohnraum verloren. Studio c/o now schlug stattdessen vor, eine Fertighalle aufzustellen, wie sie in der Osthavelniederung von Landwirtschaften oder Pferdehöfen genutzt werden. Wie das funktionieren und aussehen kann, wenn ein solches Readymade nach dem Haus-im-Haus-Prinzip ausgebaut wird, haben Lacaton & Vassal oder Françoise-Hélène Jourda und Gilles Perraudin ja vor Jahrzehnten bereits vorbildlich gezeigt, wissen die Architektinnen und Architekten. Die Entscheidung fiel dann auch zugunsten einer größtmöglichen, witterungsfesten, aber nicht klimatisierten Halle aus vorgefertigten Elementen in Holzbauweise, die mit geschlossenen, opaken, transparenten und teilweise öffenbaren Industriebaustoffen wie Trapezblechen im Wandbereich und Sandwichpaneelen im Dachbereich verkleidet wurde. Der Ausbau der Halle begann mit einem beheizbaren Kernhaus von 90 Quadratmetern auf zwei Ebenen. 65 Quadratmeter „Loggia“ und Terrasse sowie 60 Quadratmeter Indoor-Garten finden heute in der klimatischen Zwischenschicht der Halle Platz. Und je nach Bedarf, Zeit und Budget können in der Halle Volumina ergänzt oder wieder entfernt werden, ohne speziell robuste Materialien oder komplizierte Bautechniken, wie etwa aufwendige Abdichtungsmaßnahmen, einsetzen zu müssen.

Impressionen