Charakterrolle

Massivhaus

Der Ort könnte historisch nicht anspruchsvoller sein. In unmittelbarer Umgebung der schmalen Baulücke, die nach einem verheerenden Brand entstanden ist, stehen Häuser aus 600 Jahren Baugeschichte. Diese Altstadtarchitektur hat sich in den letzten Jahrzehnten allmählich verändert, man kann sagen, sie ist „schmucker“ geworden, sie entspricht dem pittoresken Bild der Bewohner, der Touristen und des Stadtmarketings.

Für den Entwurf dieses Hauses haben die Architekten Gemeinsamkeiten in den ursprünglichen Bauten aus den verschiedenen Epochen analysiert. Diese unveränderten Kennzeichen wurden herausgearbeitet, interpretiert, auf wesentliche Standards reduziert und in einem hohen traufständigen Gebäude wiedergegeben. Es sucht nicht die unmögliche Verbindung mit seinen widersprüchlichen direkten Nachbarn, sondern gehört mit seinem aufsteigenden Steildach, das ohne Überstand und Aufbauten die Fassade fortsetzt, in das heterogene Nebeneinander der Straßenbebauung. Einerseits unterbricht es deren farbige Kleinteiligkeit, andererseits steht es mit seinen identischen Fenstern und der monochromen Putzfassade wie ein wissender Vorfahr in dem baugeschichtlichen Reigen. Der bis in die tiefen, innen bündig verglasten Öffnungen reichende Kalkmarmorputz entspricht den mittelalterlichen Techniken, das Dach ist mit grauweißen Flachziegeln belegt, auch alle Anschlüsse sind farblich entsprechend beschichtet.

StandortKonstanz
Anzahl der Bewohner3
Wohnfläche220qm
Grundstücksgröße110 qm
Zusätzliche Nutzfläche150 qm
Bauweisemassiv
Baukostenca. 2.000.000 Euro
PrimärenergiebedarfWohnen 55 kWh/qma, Gewerbe 137 kWh/qma
Fertigstellung2014
 
Planungsbürobächlemaid, architekten stadtplaner bda
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Ausführungbächlemaid, architekten stadtplaner bda
Beim Entwurfskonzept für Haus Müller werden die traditionellen Bauwerkselemente der Stadt präzise auf die wesentlichen Merkmale reduziert.

bächlemaid, architekten stadtplaner bda

Innen wiederholt sich diese Ordnung mit großformatigen, raumhohen Einbauten aus Glas und verschiedenen Hölzern, der verpresste Kalkputz der Außenhülle bestimmt auch die Räume. Der vertiefte Eingang lenkt die Aufmerksamkeit zunächst auf den ein halbes Geschoss höher liegenden Verkaufsraum. Er gehört zum optischen Unternehmen der Bauherrschaft, das sich mit Kundenflächen, Büro und Werkstatt nach oben erweitert. Galerieartige Ausschnitte holen beide Ebenen zusammen. Die darüberliegenden vier Wohngeschosse erreicht man über einen seitlichen Zugang und einen Aufzug. Mit raffinierter Platzökonomie sind Kinderzimmer mit Nasszelle, die Elternebene mit Ankleide und großzügigem Bad zur Straße, Kochen und Essen samt einer eingeschnittenen Terrasse und schließlich unterm Dach das Wohnen übereinander gestaffelt. Eine Deckenaussparung gibt Raum, Tageslicht kommt über eine Schrägverglasung – keine Spur von falschem Mittelalter zwischen den weißen Brandwänden.

Impressionen