
Wohnen unterm Gründach
Um zwei Geschosse stockte der Architekt das kriegszerstörte Haus für seine Familie auf. Statt eines Daches entwickelt sich unter freiem Himmel ein Garten mitten in der Stadt, der allen Hausbewohnern zur Verfügung steht.

„Die Zukunft der Stadt liegt in der biodiversen Architektur.”

Jürgen Lehmeier (im Bild) Carmen Selaru, Eduard Klotz
Auch die Tatsache, dass das Gebäude durchgängig bewohnt war, sprach für die Stahlkonstruktion, da sie eine schnelle Bauzeit und einen hohen Vorfertigungsgrad zulässt. Die Präzision, der digitale Prozess und die hohe Tragfähigkeit, die schlanke Querschnitte zulässt, sprachen ebenfalls für die industrielle Bauweise. Das Dach allerdings ersetzte Jürgen Lehmeier, der die beiden neuen Geschosse selbst mit Frau und Kindern bewohnt. Statt weiteren Wohnraum zu schaffen, setzt die Bauherrenfamilie bewusst ein Zeichen für Klimaschutz, Biodiversität und Gemeinschaft: Der Dachgarten mit seinem Rankgerüst, das die historische Mansardform des Dachs nachzeichnet, kühlt das Haus im Sommer und steht jedem Bewohner zum Anbau von Obst und Gemüse und selbstverständlich auch zur reinen Erholung zur Verfügung. Und natürlich, so Jürgen Lehmeier, genießen auch viele Nachbarn ihre neu gewonnene Aussicht. Bevor es aber so weit war, im September 2019, stellte sich dem Bauherrn und Architekten eine besondere Herausforderung: „Die eigene Diskussion über Materialien und den gesamten Entwurf“, so Jürgen Lehmeier, „ist zermürbend. Als Architekt für sich selbst zu bauen – ich glaube, es gibt nichts Schwierigeres!“ Einfach war hingegen sein Konzept für die Gestaltung der Innenräume: Die Einbauten können zukünftigen Bedürfnissen angepasst werden, alle Materialien können fast komplett wiederverwendet werden.
