Haus LOS

Für gut befunden

Mit einem Dach und Außenwänden aus Infraleichtbeton, die sich skulptural über einem rautenförmigen Grundriss entwickeln, erinnert die Villa an einen Findling. Die Innenräume aus Sichtbeton sind großzügig, repräsentativ, wohnlich und in ihrer Nutzungsflexibilität bereits in die Zukunft gedacht.

2012 lobten die Bauherren einen kleinen privaten Wettbewerb aus für ihr Haus, das in Gräfelfing entstehen sollte, einer Gemeinde am westlichen Stadtrand von München, die Anfang des 20. Jahrhunderts entlang der neuen Bahnlinie zum Starnberger See rasant und wohlhabend wuchs. Wie passend: Von 1987 bis 1993 diente die Gartenstadt als Kulisse für die Serie „Die glückliche Familie“ mit Maria Schell und Siegfried Rauch. Als Sieger gingen damals Isabella Leber und Martin Pool zwar nicht aus dem Verfahren hervor, nach der erneuten Anfrage 2015 allerdings erging der Auftrag an das Münchner Büro. Dass die Familie ihre Räume dann doch erst im Januar 2020 bezog, ist der hohen technischen Komplexität geschuldet, die das Bauen mit Infraleichtbeton mit sich bringt, zumal der Baustoff vorher noch nie als Dachkonstruktion eingesetzt wurde und die Bauherrschaft dem neuen Material zwar aufgeschlossen gegenüber stand, allerdings verständlicherweise auch keine Risiken eingehen wollte.

Anzahl Bewohner5 Personen
Wohnfläche388 m²
StandortGräfelfing
Fertigstellung01/2020
PlanungsbüroPool Leber Architekten
Zum Profil
FotografieBrigida González,
Wie ein Findling steht der kristalline Monolith auf großem Grund, innen wie außen Beton. Das polygonale Dach über dem rhombusförmigen Grundriss bezieht sich auf die umgebenden Walmdach-Häuser.

Martin Pool, Isabella Leber

Die sind nun ausgeschlossen: Dach und Sockel wurden zusätzlich zur langen Entwicklungs- und Forschungsphase – es wurde eine Zulassung im Einzelfall in Zusammenarbeit mit HeidelbergCement und Prof. Dr. K.-Ch. Thienel vom Institut für Werkstoffe des Bauwesens der Bundeswehruniversität München erwirkt – mit Kemperol mit eingestreutem Quarzsand, dessen Mischung auf die Farbe des Ultraleichtbetons abgestimmt wurde, beschichtet. Eine zementäre Schlämme schützt den Sockelbereich. Das Haus öffnet sich mit seinen sechs Seiten in verschiedene Richtungen: Gewohnt wird nach Süden und Westen, Küche und Essen liegen nach Osten, nach Norden findet das Au-pair Platz. Pool, Sauna, Dampfbad und Fitness liegen im Untergeschoss, ein abgeböschter Lichthof wird zum Außenbereich, eine Treppe verbindet mit dem Garten. Die Räume im Obergeschoss wendeln sich ringförmig um die rautenförmige Treppenhalle nach oben. Ein paar Stufen über dem Elternbereich befinden sich Kinderbad und Kinderzimmer. Am Ende der Galerie, nach Westen orientiert, sind die Büroräume untergebracht, die über eine separate Treppe erschlossen werden. Die Garage ist in das Volumen integriert. Ein klares Material- und Formenkonzept bestimmt den Innenraum: Beton, Naturstein, grauer Teppich, weiße Zementfliesen und altweiß gestrichene Flächen harmonieren mit den Böden und Einbauten aus Eiche und Räuchereiche. Dabei sorgt der Beton im Inneren, dem man seine raue, diagonale Bretterschalung ansieht, für einen spannungsvollen Kontrast zum Infraleichtbeton der oberirdischen Gebäudehülle: Er dämmt und trägt, ist einschalig monolithisch und hat die gleiche Erscheinung auf der Innenseite wie auf der Außenseite. Seine Oberfläche weist unzählige kleine und große Poren und ausgeprägte Äderungen auf und wirkt: staunenswert weich.

Impressionen