Studio Cascina Garbald

Das Bau-Kultur-Studio

50 Quadratmeter ist die Cascina klein. Die sorgfältige und respektvolle Planung sowie die handwerklich anspruchsvolle Ausführung allerdings sind großartig und bieten dem Studierenden ein höchst ansprechendes Wohn- und Arbeits-Refugium.

Die Villa Garbald im schweizerischen Castasegna im Bergell, dem Tal, das den Kanton Graubünden mit Italien verbindet, ist Gottfried Sempers einziger Bau südlich der Alpen. Der berühmte deutsche Architekt entwarf das „italienische Landhaus“ 1862 für das Ehepaar Agostino und Johanna Garbald-Gredig, deren kinderlose Nachkommen es bis 1958 bewohnten. Seither sind Villa und der reiche kulturelle Nachlass der Familie im Besitz der Fondazione Garbald, die das Anwesen 2004 von den Architekten Miller & Maranta renovieren und durch den „Roccolo“ baulich ergänzen ließ. Heute ist die denkmalgeschützte Villa Ort für Gruppen und Gremien aus Wissenschaft, Bildung, Kultur und Wirtschaft. Zum „spirito“ des Seminarzentrums gehören zudem Kulturveranstaltungen. Im Frühjahr 2019 wurde das Ensemble nun wieder ergänzt, um ein kleines Studio Cascina auf der Wiese hinter der Villa, ein Haus, das Forschern und Künstlern für eine gewisse Zeit zum Leben und Arbeiten vermietet wird. Mit Armando Ruinelli, der sein Büro in Soglio führt, beauftragte die Stiftung für diese Bauaufgabe bewusst einen Architekten, der für seinen respektvollen und dabei sinnlich-atmosphärischen Umgang mit der Tradition bekannt und berühmt ist.

Anzahl Bewohner1 Person
Wohnfläche50 m²
StandortCastasegna (CH)
Fertigstellung05/2019
PlanungsbüroRuinelli Associati AG Architetti SIA
Zum Profil
FotografieMarcello Mariana
Das Ergebnis ist eine Architektur, bei der man die Sorgfalt der Ausführung und die Stimmung der Materialien wahrnimmt, ein Raum, der den Besucher emotional einbindet.

Armando Ruinelli

Das neue, 50 Quadratmeter kleine Gebäude – cascina heißt auf deutsch Bauernhof – ersetzt ein ehemaliges Kastaniendörrhaus, schließlich waren bis Mitte des 20. Jahrhunderts die kalorienreichen Kastanien ein Grundnahrungsmittel der Bergeller Bürgerschaft. In den Dörrhäusern wurden die Erträge der größten Kastanienhaine Europas, die sich bis an die italienische Grenze ziehen, getrocknet, um sie zu konservieren oder weiter zu verarbeiten. Dass der Neubau in Lage, Volumen und Höhe dem vormals bestehenden Gebäude entspricht, ist dabei nicht nur der Bauordnung geschuldet, sondern auch bewusste Entscheidung des Architekten: Das von Dorfhäusern flankierte Studio greift die Bautradition auf und interpretiert sie zurückhaltend und doch sichtbar neu, auch handwerklich. Tatsächlich „von Hand“ wurden der raue Außenputz, die Stampfbeton-Wände, der Mörtelboden im Erdgeschoss und auf der Treppe oder auch die Türen und Fenster, die schlichten Möbel und die überaus feinen Verkleidungen aus Kastanienholz gearbeitet. Die Lampen entwarf Armando Ruinelli aus Industriebronze, das Keramikwaschbecken stammt von einer einheimischen Künstlerin.

Impressionen